Ein gesundes Ego ist wichtig. Es bedeutet, sich selbst ernst zu nehmen und sich selbst zu führen. Denn die wichtigste Person, die Du als Leitwolf führst, bist Du schliesslich selbst. Selbstführung ist enorm wichtig für Deinen beruflichen Erfolg und für Dein persönliches Glück. Denn erst wenn Du genau weisst, was Du willst und was für Dich persönlich Erfolg bedeutet, kannst Du Andere zum Erfolg führen.
Selbstvertrauen ist also wichtig. Aber es sollte von Anderen nicht als übertriebenes Selbstvertrauen oder gar Egozentrik wahrgenommen werden. Dann behinderst Du Dich selbst und Andere und verringerst Deinen Erfolg.
Wie der Autor Jim Collins in seinem spannenden Buch „Good To Great“ beschreibt, ist ein zu grosses Ego schädlich für Geschäft und Organisation. In einer gross angelegten Studie analysierte er gemeinsam mit seinem 20-köpfigen Team über mehrere Jahre 1.435 Unternehmen, die alle auf der Fortune 500 Liste waren. Das Ziel der Studie war herauszufinden, welche dieser Firmen irgendwann in ihrer Firmengeschichte die Transformation von ordentlichen zu ausserordentlichen Ergebnissen schafften. Das Team fand heraus, dass insgesamt nur 11 der 1435 Firmen irgendwann den Startpunkt setzten zu absolut aussergewöhnlichen Ergebnissen über lange Zeit. Diese Firmen erzielten in den 15 Jahren nach dem Startschuss zur Veränderung das 6.9-fache an Rendite für die Aktionäre im Vergleich zum Marktdurchschnitt im selben Zeitraum. Das nenne ich lang anhaltendes Geschäftswachstum, oft noch lange nach dem Ausscheiden des CEO unter deren bzw. dessen Führung diese enorme Leistung erbracht wurde. Sehr bemerkenswerte Ergebnisse – besonders wenn man bedenkt, dass diese Firmen in den 15 Jahren davor oft sehr unbemerkenswerte Ergebnisse erzielt hatten.
In seinem Buch beschreibt Jim Collins die entscheidenden Faktoren, die diesen 11 aussergewöhnlich erfolgreichen Firmen zum Erfolg verholfen haben. Der erste Faktor heisst „Level 5 Leadership“. Die erfolgreichsten Firmen hatten aussergewöhnlich starke Leitwölfe an der Spitze. Diese Führungskräfte vereinigten dabei zwei fast schon paradox widersprüchliche Eigenschaften in einer Person – Willenskraft und Bescheidenheit. Dabei war es nicht so, dass diese Level 5 Leader gar kein Ego oder gar kein Eigeninteresse verfolgten. Tatsächlich waren sie sehr ehrgeizig. Aber ihre Ambition war immer zuerst für die Firma und für die Mitarbeiter zu arbeiten und erst danach für sich selbst.
Ein selbst erlebtes Beispiel: In meinen 25 Jahren als Führungskraft in der Industrie, besonders in meinen letzten 10 Jahren in Geschäftsführungs- und Vorstandsrollen habe ich Manches richtig und Manches falsch gemacht, und aus beidem viel gelernt. Besonders viel gelernt habe ich von meinen 19 Chefs, die ich in diesen 25 Jahren hatte. Und einer von ihnen, der 3 Jahre lang mein Vorgesetzter war, hat mich ganz besonders mit genau diesem paradox widersprüchlichen Verhalten beeindruckt. Einerseits hatte er eine enorme Willenskraft und setzte immer das um, was richtig ist – richtig für unsere Kunden, für unsere Mitarbeiter und für unsere Firma. In seiner ganz leisen, ruhigen Art tat er unbeirrbar das Richtige. Gleichzeitig wirkte er immer und immer wieder sehr bescheiden. Nichts von dem grossen Ego, das so mancher Macho Leader gerne auf der grossen Bühne zeigt und auch bei vielen kleinen Anlässen im Tagesgeschäft immer wieder spüren lässt. Absolut gar nichts davon. Auf fast unglaubliche Art und Weise gab er mir in diesen 3 Jahren das Gefühl, dass er mir dient und nicht ich ihm. Er hatte genau diese 2 Fähigkeiten – Willenskraft und Bescheidenheit.
Ein Zitat mit Bezug zu Erfolg und Bescheidenheit von Harry S. Truman: „Du kannst alles im Leben erreichen, sobald egal ist, wer die Anerkennung bekommt“. Meinem damaligen Chef war es egal, wer die Anerkennung bekam. Ihm war wichtig, dass wir das Richtige taten, Erfolg hatten und dass seine Mitarbeiter im Vordergrund standen.
Aber wie machen das diese aussergewöhnlichen Frauen und Männer, wie führen sie mit kleinem Ego, grosser Willenskraft und grosser Bescheidenheit?
Hier meine 5 besten Tipps für Dich zu diesem Thema:
1. Ergebnisse mit Willenskraft und Bescheidenheit
Erfolgreiche Leitwölfe liefern. Sie liefern beeindruckende Resultate mit Hilfe motivierter Anderer und angetrieben durch ihre eigene starke Willenskraft. Sie vereinbaren anspruchsvolle Ziele und helfen ihren Mitarbeitern dann, durch ihr eigenes gutes Führungsverhalten diese Ziele auch wirklich zu erreichen und manchmal sogar noch zu übertreffen. Sie helfen durch gute Fragen, durch neue Perspektive, durch gutes Zuhören. Dabei stellen sie immer die Sache, den Erfolg und die anderen Beteiligten in den Vordergrund und nehmen sich selbst immer bescheiden zurück.
Also Tipp Nr. 1: Ergebnisse mit Willenskraft und Bescheidenheit.
2. Das Richtige tun
Damit Dein Team und Du als Leitwolf erfolgreich sein können, musst Du kurz- und langfristig das Richtige tun, nicht das Bequeme oder das Opportunistische, das kurzfristig nützt und langfristig schadet. Dir ist auch nicht so wichtig, wer Recht hat, sondern was richtig ist. Was richtig ist, kannst nur Du selbst entscheiden, und das ist von Situation zu Situation anders. Wenn Du in Deiner konkreten Situation überzeugt bist, die richtige Lösung für Deine Kunden und für Deine Firma zu haben, dann liegst sehr wahrscheinlich richtig.
Erfolgreiche Leitwölfe versuchen auch nicht immer, von jedermann gemocht und sympathisch gefunden zu werden. Steve Jobs sagte einmal: „Wenn Du jedermann glücklich machen willst, dann werde nicht Führungskraft, verkaufe Eiskrem.“ Wie so oft in seiner sehr direkten Art, aber in der Sache immer konsequent und wert, darüber nachzudenken.
Also Tipp Nr. 2: Das Richtige tun.
3. Hohe Standards statt inspirierendem Charisma
Erfolgreiche Level 5 Leader setzen sich selbst anspruchsvolle, hohe Standards und erfüllen sie selbst immer und immer wieder. Auch wenn Charisma sicher hilft und nicht schadet, der grössere Erfolgsfaktor sind hohe Standards, deren Einhaltung dazu führen, dass die Firma langfristig erfolgreich ist. Diese beinhalten z.B. anspruchsvolle aber erreichbare Ziele, die Dich motivieren, die Dir Energie geben, die Dich reizen. Hohe Standards zu haben, bedeutet für mich auch, professionell zu arbeiten, das eigene Handeln immer auf den Kunden und sein Bedürfnis auszurichten. Natürlich darf jeder Fehler machen, aber jeder sollte aus Fehlern lernen. Und hohe Standrads kann auch bedeuten, immer lösungsorientiert zu arbeiten, nicht problemfokussiert. Na klar müssen Probleme gnadenlos ehrlich angesprochen und analysiert werden. Aber dann ist es Zeit, auf Lösungsmodus umzuschalten und selber immer die eigene beste Idee zur Lösung in das Team einzubringen. Auch das finde ich gehört zu hohen Standards.
Also Tipp Nr. 3: Inspirierendes Charisma ist schön und hilfreich, aber noch wichtiger sind hohe Standards, die Du als Leitwolf setzt und als gutes Vorbild selber vorlebst.
4. Schaue in den Spiegel, nicht durch’s Fenster
Die erfolgreichsten Leitwölfe wissen: Leadership ist weniger Know How und viel mehr Show How. Theoretisch ist gutes Führen leicht zu verstehen. Es ist nur sehr anspruchsvoll, es in der Praxis auch gut zu machen und zwar konsistent, immer und immer wieder. Denn jeder Kontakt mit Deinem Kunden und jeder Kontakt mit Deinem Kollegen, Vorgesetzten oder Mitarbeiter ist Führung, ob Du willst oder nicht. Und jeder dieser Momente testet Deine Führungsleistung. Also nutze sie.
Nach mittlerweile 30 Jahren Erfahrung als Führungskraft in Unternehmen bzw. als Berater, Trainer, Coach und Redner wird mir immer klarer, dass die besten Leader an der Spitze vor allem eines tun – sie reflektieren, sie denken nach über die Auswirkung ihres eigenen Führungsverhaltens auf ihre Mitarbeiter. Und sie schauen ehrlich in den Spiegel und denken ehrlich darüber nach, was sie da sehen, wie gut sie Andere zum Erfolg führen, was sie gut machen und was sie verbessern können. Tust Du das gelegentlich auch? Wie klar siehst Du Deine eigenen Stärken als Leitwolf? Wie klar siehst Du Deine Verbesserungschancen? Wie ehrlich bist Du mit Dir selbst? Auch ein Leitwolf ist ein Mensch und darf Fehler machen. Wir sollten nur daraus lernen.
Also Tipp Nr. 4: Schaue in den Spiegel, nicht durch’s Fenster.
5. Lasse Deine Leute glänzen
Die erfolgreichsten Leitwölfe stellen sich bei Misserfolg schützend vor ihre Mitarbeiter und übernehmen Verantwortung für das Gesamtergebnis. Wenn aber die Sonne scheint, wenn Erfolg da ist, dann stellen gute Leitwölfe sich hinten an und lassen die Sonne auf ihre Mitarbeiter scheinen. Sie nehmen sich selbst bescheiden zurück und lassen ihre Leute glänzen.
Also Tipp Nr. 5: Lasse Deine Leute glänzen.
Zusammengefasst meine 5 besten Tipps für Dich für Führen mit gesundem Ego
1. Ergebnisse mit Willenskraft und Bescheidenheit
2. Das Richtige tun
3. Hohe Standards statt inspirierendem Charisma
4. Schaue in den Spiegel, nicht durch’s Fenster
5. Lasse Deine Leute glänzen
Vielen Dank, dass Du mir Deine Zeit geschenkt hast.
Dein Leitwolf Stefan Homeister